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AutorenbildRA Sven Skana

Zur Verhältnismäßigkeit einer Durchsuchung der Wohnung

Die Wohnung ist unverletzlich. So steht es in Artikel 13 Absatz 1 Grundgesetz. Durchsuchungen der Polizei aus Ermittlungszwecken stellen regelmäßig Eingriffe in dieses Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung dar. Deshalb muss eine Durchsuchung stets dem Maßstab der Verhältnismäßigkeit entsprechen, um rechtmäßig zu sein. Das Bundesverfassungsgericht hat sich zu der Problematik nun einmal mehr geäußert und zur Einhaltung der von ihm aufgestellten Grundsätze angemahnt.

Betroffener der Durchsuchung war ein verbeamteter Lehrer im Schuldienst des Landes Brandenburg, gegen den wegen des Verdachts der Beleidigung ermittelt wurde. Die Staatsanwaltschaft beantragte beim zuständigen Amtsgericht den Erlass einer Durchsuchungsanordnung zur Ermittlung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Tatverdächtigen. Das Amtsgericht Heilbronn erließ daraufhin einen Durchsuchungsbeschluss für die Person und die Wohnung des Betroffenen. Als Begründung nannte das AG die Erwartung einer empfindlichen Geldstrafe für den Lehrer im aktiven Dienst. Dieser habe keine Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, sodass die Durchsuchung zur Ermittlung der Tagessatzhöhe erforderlich sei. Die Maßnahme wurde als angemessen im Verhältnis zur Stärke des Tatverdachts und zur Schwere der Tat angesehen.

Gegen den Beschluss wendete sich der spätere Beschwerdeführer mit einem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit. Die Durchsuchung seiner Wohnung sei offensichtlich unbegründet gewesen. Nach seinem Verständnis sehe § 102 StPO nicht die Durchsuchung allein zur Feststellung von Tagessatzhöhen vor, die erforderlichen Informationen hätten auch von der Besoldungsstelle angefordert werden können.

Der Antrag wurde abgelehnt. Das AG begründete die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchung damit, dass Wohnungsdurchsuchungen in Fällen von verkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren zur Feststellung der Einkommensverhältnisse bislang nicht beanstandet worden seien.

Der Betroffene erhob schließlich eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht und rügte dabei die Verletzung seiner Recht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 13, Art. 103 Abs. 1 und 2 GG.

Das BVerfG erklärte die Verfassungsbeschwerde für zulässig und begründet. Durchsuchungen bei Beschuldigten nach § 102 StPO seien grundsätzlich nicht unzulässig. Allerdings sei die Anordnung der Durchsuchung vorliegend unverhältnismäßig gewesen. Es hätten mildere Mittel zur Erlangung der fehlenden Informationen zur Verfügung gestanden. Anstelle der Durchsuchung hätte der Beschwerdeführer selbst Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geben können. Alternativ hätten die Ermittlungsbehörden eine Anfrage bei der Besoldungsstelle des Betroffenen oder bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht stellen können.

Die Durchsuchung ist dann unverhältnismäßig, wenn grundrechtsschonendere Mittel  vorhanden gewesen wären, die ohne greifbare Gründe unterblieben sind.



AZ: BVerfGE vom 15.11.2023, 1 BvR 52/23


Hinweis:


Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

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