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AutorenbildRA Sven Skana

Wann droht ein Fahrverbot bei einer E-Scooterfahrt unter Alkoholeinfluss?

E-Scooter sind seit 2019 in Deutschland zugelassen und erfreuen sich großer Beliebtheit als alternative Fortbewegungsmittel in der Stadt. Doch was viele nicht wissen: Wer mit einem E-Scooter unter Alkoholeinfluss fährt, kann sich strafbar machen und ein Fahrverbot riskieren. Das LG Oldenburg hat sich mit dieser Frage in einem Beschluss aus dem Oktober 2022 beschäftigt.

Diesem lag folgender Sachverhalt zugrunde, welcher vom erstinstanzlichen Amtsgericht festgestellt wurde:

Der Angeklagte fuhr mit einem E-Scooter auf einer öffentlichen Straße in Oldenburg. Er wurde von einer Polizeistreife angehalten und kontrolliert. Dabei stellten die Beamten fest, dass er alkoholisiert war. Ein Atemalkoholtest ergab einen Wert von 1,49 Promille. Eine Blutentnahme bestätigte diesen Wert. Das Amtsgericht Oldenburg verurteilte ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 30 Euro und entzog ihm die Fahrerlaubnis für die Dauer von neun Monaten. Es ordnete zudem die Beschlagnahme seines Führerscheins an.

Der Angeklagte legte Beschwerde gegen die Beschlagnahme seines Führerscheins ein und beantragte, diesen herauszugeben.


Fahrverbot bei absoluter Fahruntüchtigkeit

Das LG Oldenburg wies die Beschwerde als unbegründet zurück und bestätigte die Beschlagnahme des Führerscheins. Das Gericht führte aus, dass der Angeklagte alle Tatbestandsmerkmale des § 316 StGB erfüllt habe, indem er ein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt habe, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen.

Es wurde festgestellt, dass ein E-Scooter ein Fahrzeug im Sinne des § 316 StGB sei, da er nach der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) eine bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit von mehr als sechs Kilometern pro Stunde habe und für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen sei. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass es für den Tatbestand des § 316 StGB nicht darauf ankomme, ob der Angeklagte tatsächlich eine konkrete Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer verursacht habe oder nicht. Entscheidend sei, ob er absolut oder relativ fahruntüchtig gewesen sei. Das war im vorliegenden Fall zweifelsfrei nachzuweisen.


Das Landgericht sah in dem Verhalten des Angeklagten eine absolute Fahruntüchtigkeit im Sinne der Vorschrift. Es verwies auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der eine absolute Fahruntüchtigkeit bei Kraftfahrzeugführern ab einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille und bei Radfahrern ab einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille angenommen hat.


Das Gericht leitete daraus ab, dass auch für E-Scooterfahrer eine absolute Fahruntüchtigkeit ab einem Blutalkoholgehalt von 1,6 Promille gelten müsse, da diese Fahrzeuge ähnliche Anforderungen an die Fahrsicherheit wie Fahrräder stellten. Da der Angeklagte jedoch einen Blutalkoholgehalt von 1,49 Promille aufwies, sei er auch relativ fahruntüchtig gewesen, da er Anzeichen von alkoholbedingten Ausfallerscheinungen gezeigt habe, wie etwa eine verlangsamte Reaktionsfähigkeit, eine verminderte Konzentrationsfähigkeit und eine eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeit.

Die Voraussetzungen für die Beschlagnahme des Führerscheins nach § 111a StPO lagen vor. Es ging davon aus, dass dem Angeklagten die Fahrerlaubnis nach § 69 StGB endgültig entzogen werden würde, da er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen habe.


Auch Fahrverbot bei E-Scooterfahrt unter Alkoholeinfluss

Der Beschluss des Landgericht Oldenburg zeigt, dass eine E-Scooterfahrt unter Alkoholeinfluss nicht nur eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat darstellen kann, die mit einem Fahrverbot geahndet werden kann. Es kommt darauf an, ob der Fahrer absolut oder relativ fahruntüchtig ist.

Es empfiehlt sich daher, vor einer E-Scooterfahrt keinen Alkohol zu konsumieren oder zumindest die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Wenn man unter Alkoholeinfluss einen E-Scooter fährt, kann man nicht nur seine eigene Sicherheit, sondern auch die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer gefährden.


Az.: LG Oldenburg, Beschluss vom 24.10.2022 - 6 Qs 56/22


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.

Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht


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