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Rück- bzw. Hochrechnung des BAK innerhalb einer MPU-Anordnung zulässig

Der Kläger der Entscheidung hatte ursprünglich nur einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis stellen wollen, nachdem das Amtsgericht Hersbruck diese in einem Strafverfahren wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr enzogen hatte. Der Strafbefehl enthielt hierbei lediglich die Feststellung eines Atemalkoholwerts von 0,86 mg/l und eines Blutalkoholwerts von 1,52 Promille.

Als Reaktion auf den Antrag forderte das zuständige Landratsamt Nürnberger Land den Betroffenen auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten zur Klärung der Frage vorzulegen, ob er das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum sicher trennen könne. Dabei legte es eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ zum Tatzeitpunkt zugrunde. Auf den Einwand des Prozessbevollmächtigten des Betroffenen hin, es sei ja nur ein Blutwert von 1,52 festgestellt, begründete das Landratsamt seine Entscheidung damit, dass zwischen dem Tatzeitpunkt und der Blutentnahme mehr als eineinhalb Stunden lägen, so dass mithilfe einer Rückrechnung ausgehend von dem gemessenen Blutwert von 1,52 ‰ und einem stündlichen Abbau von 0,1 ‰ ein Wert von 1,6 oder mehr zum Tatzeitpunkt errechnet werden könne.

Infolge der Nichtvorlage des Gutachtens lehnte die Fahrerlaubnisbehörde den Neuantrag ab.

Die vom Betroffenen erhobene Klage wurde vom VG Ansbach abgewiesen.


Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat nun per Beschluss vom 26.08.2024 festgestellt, dass sich aus der Antragsbegründung des Betroffenen keine Zweifel an der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben, und hat den Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt.


Insbesondere seien die Messgenauigkeit des Atemalkohol-Testgeräts und die Verwertbarkeit des festgestellten Atemalkoholwertes von 0,86 mg/l nicht entscheidungserheblich gewesen. Stattdessen genüge zur Anordnung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 13 S. 1 Nr. 2 c FeV eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ alternativ zu einem gemessenen Atemalkoholwert von 0,8 mg/l. Daher begründe der Einwand, es habe sich bei dem Atemalkoholmessgeräts um ein Vortestgerät gehandelt, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.


Auch der Rückrechnung zur Ermittlung der Blutalkoholkonzentration zum Tatzeitpunkt konnten keine durchgreifenden Einwendungen erhoben werden. Nachdem die Hochrechnung des Blutalkoholwerts in Bezug auf das Maß der Fahrunsicherheit ab zwei Stunden nach Trinkende mit einem stündlichen Abbauwert von 0,1 ‰ im Strafrecht als gängige Praxis anerkannt sei, müsse dies erst recht für das zur Gefahrenabwehr ausgestaltete Fahrerlaubnisrecht gelten. Dem errechneten Wert von deutlich mehr als 1,6 ‰ stehe auch nicht die Bindungswirkung des Strafbefehl entgegen. Dieser enthielt zwar keinen Blutalkoholwert zum Tatzeitpunkt, eine Abweichung der getroffenen Feststellungen zum NAchteil des Fahrerlaubnisinhabers durch das Landratsamt erkannte der BayVGH jedoch nicht.


Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Fahrerlaubnisbehörde mittels Rückrechnung die Farunsicherheit in Form des errechneten Blutalkoholwertes zum Tatzeitpunkt ihrer MPU-Anordnung selbst dann zugrunde legen darf, wenn der im dazugehörigen Strafverfahren erlassene Strafbefehl keine Feststellungen dazu enthält. Dann steht die Bindungswirkung des Strafbefehls der Entscheidung der Behörde nicht entgegen.


AZ: BayVGH, Beschluss vom 26.08.2024 – 11 ZB 24.856


Hinweis:


Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.

 

Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht

 
 
 

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