Im Frühjahr 2022 hat eine Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main große Aufmerksamkeit in der Welt des Verkehrsrechts erlangt. Der Tatrichter habe dabei die Regelgeldbuße eines Rotlichtverstoßes von 200 EUR auf 350 EUR angehoben und dies mit der größeren abstrakten Gefährdung durch den Fahrzeugtypus eines SUVs begründet. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat nun klargestellt, dass ein pauschaler Verweis auf das Führen eines SUVs nicht ausreicht, um einen erhöhten Bußgeldsatz zu rechtfertigen.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Wie oben bereits beschrieben kam es zu einem Rotlichtverstoß eines SUV-Fahrers, welcher dafür vom Amtsgericht zu einer Geldbuße von 350 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt wurde. Der zuständige Tatrichter hat die vorgesehene Regelgeldbuße von 200 EUR auf 350 EUR erhöht, da der SUV eine größere abstrakte Gefährdung darstellt und die kastenförmige Bauweise und die erhöhte Frontpartie bei einem solchen Fahrzeug das Verletzungsrisiko anderer Verkehrsteilnehmer deutlich erhöht.
Abweichung der Regelgeldbuße nur bei Ausnahmefällen mit besonderer Begründung
Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde abgelehnt. Jedoch haben die Richter zusammengefasst, dass die vom Amtsgericht gelieferte Argumentation nicht ausreicht, um eine Erhöhung der Regelgeldbuße zu rechtfertigen. Der Bußgeldkatalog wurde geschaffen, um eine Vielzahl ähnlicher Sachverhalte zu bündeln und dafür konkrete Sanktionen zu schaffen, welche von den Bürgern im Sinne der Rechtssicherheit eingesehen werden können. Nur ein deutliches Abweichen vom Normalfall rechtfertige deshalb eine Abweichung vom Bußgeldkatalog. Die Feststellung solcher außergewöhnlichen Umstände bedürfe einer über die Benennung eines diffusen Fahrzeugtyps oder Modells hinausgehender Betrachtung des Einzelfalls.
Eine Abweichung vom Bußgeldkatalog ist zwar möglich, jedoch haben die Aussagen des Amtsgerichts bzgl. der größeren abstrakten Gefährdung bzw. der erhöhten Verletzungsgefahr keine der Voraussetzungen für die Argumentation einer Ausnahme erfüllt. Hier greifen die Richter des OLG vor allem auf, dass man einen SUV aufgrund der unterschiedlichen Bauweisen der Fahrzeughersteller nicht eindeutig in seiner „Gefährlichkeit“ definieren kann. Schließlich sei die vom Amtsgericht angenommene erhöhte Verletzungsgefahr nicht allgemeinkundig, sondern Gegenstand von Untersuchungen mit diametralen Ergebnissen.
Dennoch hat das OLG die Rechtsbeschwerde aufgrund eines weiteren Grundes abgelehnt. Die verhängte Geldbuße von 350 EUR sei im Ergebnis aufgrund der gravierenden Vorbelastung des SUV-Fahrers gerechtfertigt. Die Regelbuße beziehe sich auf einen nicht vorgeahndeten Betroffenen. Vorliegend habe der Betroffene 13 Monate vor der hier zu beurteilenden Ahndung bereits einen Rotlichtverstoß begangen. Diese Vorahndung führt in der Gesamtschau des vorliegenden Einzelfalls dazu, dass ein deutliches Abweichen von dem im Katalog geregelten Normalfall festzustellen ist.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 29.09.2022 - 3 Ss-OWi 3 Ss-OWi –
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.
Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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