Nach langen Zweifeln über die Alkoholgrenzen der E-Scooter-Fahrten haben sich nun zwei weitere Gerichte zu dem Thema geäußert.
Das Landgericht Osnabrück hat in seiner Entscheidung vom 16.10.2020 weitestgehend festgelegt, dass ein E-Scooter hinsichtlich von Rauschzuständen wie ein normales KFZ behandelt werden müsse. So soll auch hier der Grenzwert von 1,1 Promille gelten.
Im zugrundeliegenden Fall wurde ein Mann im Juli 2020 auf einem E-Scooter gestoppt. Nach einem Verdacht auf Alkoholkonsum ergab der spätere Blutalkoholkonzentrationstest einen Wert von 1,54 Promille. In diesem Fall hat das vorherig zuständige Amtsgericht dem Beschuldigten sogar vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen. Sobald eine endgültige Entscheidung seitens des an das zurückgewiesene Amtsgericht gegeben ist, könne sogar eine endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis die Konsequenz sein.
Kurz nach Veröffentlichung der Entscheidung des obig genannten Landgerichtes kam es am Amtsgericht Dresden zu einer Verurteilung aufgrund ähnlichen Sachverhaltes. In diesem Fall wurde ein 22 – Jähriger nachts auf einer öffentlichen Straße einer Polizeikontrolle unterzogen, als er sich mit einem gemieteten E-Roller auf dem Heimweg befand. Aufgrund von motorischen Aussetzern verdächtigten die Beamten den jungen Mann bezüglich des Alkoholmissbrauchs. Eine entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,14 Promille. Dies hätte er auch bei der erforderlichen und ihm im spezifischen Einzelfall zumutbaren Sorgfalt hätte erkennen müssen und von dem Mieten des Rollers Abstand nehmen. Da er dies jedoch nicht getan hat, kommt es zu einer Verurteilung gemäß § 316 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StGB.
Obwohl der Angeklagte ähnlich wie im Fall des Landgerichts Osnabrück unterwegs war, kam der Tatrichter des Amtsgerichtes Dresden zu der Entscheidung, dass ein Entzug der Fahrerlaubnis im vorliegenden Fall nicht angemessen sei. Der junge Mann führte den E-Roller nachts in einer sehr verkehrsarmen Zeit in Dresden. Zudem konnte er nachweisen, dass er noch nie zuvor einen solchen E-Roller mietete und beim Mieten des Fahrzeuges keinerlei Ausfallserscheinungen gezeigt hat. Aufgrund der oben tatbezogen genannten Strafmilderungsgründe kann im vorliegenden Fall nicht von einem sogenannten „Regelfall“ ausgegangen werden, welcher die ursprüngliche Sanktion und Konsequenz des Fahrerlaubnisentzuges mit sich bringt. Es mangelt hier an der charakterlichen Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen im Sinne des § 69 StGB. Gemäß § 44 StGB war dem Angeklagten stattdessen unter Abwägung der für und gegen ihn sprechenden Gesichtspunkte als Warnungs- und Besinnungsstrafe für die Dauer von 4 Monaten zu verbieten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeug jeder Art zu führen. Die Zeit der Sicherstellung der Fahrerlaubnis des Angeklagten seit dem 16.08.2020 war gemäß § 51 Abs. 5 StGB auf das Fahrverbot anzurechnen.
Landgericht Osnabrück, Beschluss vom 16.10.2020 - 10 Qs 54/20 -
AG Dresden, Urt. v. 5.11.2020 - 213 Cs 634 Js 44073/20
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Wir informieren Sie auf jeden Fall gerne im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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