Das Landgericht Nürnberg – Fürth hat im Oktober 2021 in zweiter Instanz eine leitende Entscheidung für den Straßenbahnverkehr geschaffen. Demnach gilt die Vorfahrtsregelung einer Straßenbahn, welches durch die Andreaskreuze an der Bahnüberquerung angegeben werden dann nicht, wenn die Fahrsignale in eine Ampelanlage in der Kreuzung integriert sind. Dadurch entsteht eine Art Vorrang für die Lichtanzeige – die Andreaskreuze verlieren ihre Bedeutung.
Das Urteil beruht auf folgendem Sachverhalt:
Im Februar 2020 kam es auf einer Kreuzung in Nürnberg zu einer Kollision zwischen einer dort verkehrenden Straßenbahn und einem PKW. Der Verkehr der Kreuzung, auf welcher sich der Unfall ereignete, wurde durch eine Ampelanlage geregelt.
Die Fahrerin des PKW wollte bei grüner Anzeige der Lichtanlage nach links abbiegen und überquerte bei diesem Vorgang die Straßenbahnschiene, auf welcher die Straßenbahn in diesem Moment entlangfuhr. Zudem war die Kreuzung mit einem Andreaskreuz versehen, welches den PKW-Fahrern im Allgemeinen signalisiert, dass der Bahn Vorfahrt gewährt werden muss.
Im vorliegenden Fall herrschte jedoch die Besonderheit, dass das Fahrsignal der Straßenbahn in der Ampelanlage integriert war, welche den Straßenverkehr der Kreuzung organisieren sollte.
Im Ergebnis entstand ein Sachschaden in Höhe von knapp 5.000 EUR. Durch die Kollision des PKW mit der Straßenbahn. Der Fahrer der Straßenbahn sowie die Betreiberin der Straßenbahnnetze wurden schließlich auf Schadensersatzzahlung verklagt.
Der Fall wurde in erster Instanz vor dem Amtsgericht Nürnberg verhandelt. Der Richter folgte der Argumentation der Klägerin und verurteilte die Straßenbahnbetreiberin zur Zahlung der Schadensersatzforderung.
Diese legte gegen das gefällte Urteil Berufung ein. Die Sache wurde nun erneut vor dem Landgericht Nürnberg – Fürth verhandelt. Dieses entschied erneut zugunsten der Klägerin. Auch in der Berufungsinstanz wird der Anspruch auf Zahlung des Schadensersatzes bestätigt. Dem beklagten Straßenverkehrsfahrer sei eine Vorfahrtsverletzung anzulasten. Zwar gelte bei einem Bahnübergang mit Andreaskreuz die Vorrangregelung des § 19 Abs. 1 StVO. Diese gelte aber dann nicht, wenn das Fahrsignal für die Straßenbahn in die Ampelanlage integriert ist. So lag der Fall hier. Somit haben die Zeichen der Ampelanlage gemäß § 37 StVO gegolten.
Dennoch wurden 20 % des Schadens der Klägerin zugerechnet, denn Sie hätte nach Ansicht der Richter erkennen können, dass die Straßenbahn im vorliegenden Fall ihre Vorfahrt missachtet. Da die Bahn nur auf einer bestimmten Spur fährt und durch ihre geringe Geschwindigkeit leicht einsehbar ist, so könne der Zusammenstoß durch ein geregeltes Brems – und Ausweichmanöver verhindert werden.
Landgericht Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 19.10.2021 - 8 S 5015/21 –
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Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt. Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.
Sven Skana
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Anwalt für Strafrecht
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