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AutorenbildRA Sven Skana

BayObLG: Versuchsbeginn beim versuchten Erwerb von Betäubungsmitteln

Das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) hat mit Beschluss vom 05.12.2022 den Fall entschieden, der die Frage aufwirft, wann der Versuch des Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 9 BtMG beginnt. Es hat einen Mann freigesprochen, der im Darknet Marihuana bestellt hatte, aber nicht nachweisen konnte, dass der Verkäufer die Ware bei der Post aufgegeben hatte.


Folgende Konstellation konnte das Gericht feststellen:

Der Angeklagte war ein Konsument von Marihuana, das er regelmäßig im Darknet bestellte. Im Jahr 2019 bestellte er insgesamt elfmal Marihuana bei verschiedenen Verkäufern im Darknet. Er bezahlte die Ware jeweils mit Bitcoins und gab seine Postadresse an. Der Angeklagte erhielt jedoch nur viermal die bestellte Ware. Bei den anderen sieben Bestellungen blieb die Lieferung aus. Der Angeklagte konnte nicht nachweisen, dass die Verkäufer die Ware bei der Post aufgegeben hatten. Er vermutete, dass er betrogen worden war oder dass die Sendungen vom Zoll abgefangen worden waren. Die Polizei kam dem Angeklagten auf die Spur und durchsuchte seine Wohnung. Sie fand dort geringe Mengen von Marihuana und Beweise für seine Bestellungen im Darknet.


Angeklagter sieht sich im nicht strafbaren Vorbereitungsstadium des Versuchs

Die Staatsanwaltschaft Freising erhob Anklage gegen den Angeklagten wegen vorsätzlichen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit versuchtem vorsätzlichen Erwerb von Betäubungsmitteln in elf tatmehrheitlichen Fällen gemäß § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 9 BtMG.

Der Angeklagte verteidigte sich damit, dass er bei den sieben nicht erhaltenen Bestellungen keinen Versuch des Erwerbs von Betäubungsmitteln begangen habe. Er habe lediglich eine Vorbereitungshandlung vorgenommen, die nicht strafbar sei.


Kein unmittelbares Ansetzen zur Tatbegehung

Das BayObLG sprach den Angeklagten von den Vorwürfen des versuchten Erwerbs von Betäubungsmitteln frei. Es verneinte einen Versuchsbeginn gemäß § 22 StGB bei den sieben nicht erhaltenen Bestellungen. Das BayObLG stellte fest, dass der Angeklagte zwar objektiv den Tatbestand des § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 9 BtMG erfüllt habe, indem er im Darknet Marihuana bestellt und bezahlt hatte. Es fehlte jedoch an dem erforderlichen subjektiven Tatbestandselement des unmittelbaren Ansetzens zur Tatbegehung.

Das Gericht führte aus, dass das unmittelbare Ansetzen zur Tatbegehung voraussetzt, dass der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt oder wenigstens alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Erfolgs erforderlich ist. Dabei muss eine unmittelbare Gefährdung des geschützten Rechtsguts gegeben sein.


Die Richter nahmen an, dass es an einer solchen unmittelbaren Gefährdung des Rechtsguts fehlte, wenn der Verkäufer die Ware nicht bei der Post aufgegeben hatte. Es wies darauf hin, dass die Ware in diesem Fall noch im Einflussbereich des Verkäufers verblieb und nicht in den Verkehr gelangt war. Es berücksichtigte dabei, dass der Angeklagte keinen Einfluss auf die Versendung der Ware hatte und nicht wusste, ob und wann der Verkäufer die Ware bei der Post aufgeben würde. Daher wurde das Verhalten des Angeklagten als reine Vorbereitungshandlung bewertet, welche nicht strafbar ist. Es stellte klar, dass eine Strafbarkeit wegen versuchten Erwerbs von Betäubungsmitteln erst dann gegeben ist, wenn der Verkäufer die Ware bei der Post aufgibt und damit eine unmittelbare Gefährdung des Rechtsguts eintritt.


BayObLG, Beschl. v. 05.12.2022 – 207 StRR 335/22


Hinweis:

Bitte beachten Sie, dass es einer genauen Prüfung des Einzelfalls bedarf, um herauszufinden, ob sich Ihr eigener Sachverhalt genau mit dem oben geschilderten Anwendungsfall deckt.


Für diesbezügliche Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung. Zudem übernimmt in der Regel eine Rechtsschutzversicherung alle Anwaltskosten und auch die Verfahrenskosten eines Rechtsstreits. Wir informieren Sie auf jeden Fall gern im Voraus zu allen anfallenden Kosten.


Sven Skana

Fachanwalt für Verkehrsrecht

Anwalt für Strafrecht



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